Einführung
Schall ist ein wichtiger und wesentlicher Bestandteil unseres Lebens. Unsere Körper können Schall erzeugen und verarbeiten, zum Beispiel beim Hören und Sprechen. Schallfrequenzen (gemessen in Hertz) geben dabei die Tonhöhe, die Stärke der Schallschwankungen (gemessen in Dezibel) die Lautstärke an. Wie laut, leise, hoch oder tief ein Ton wahrgenommen wird, entscheidet das subjektive Empfinden. Daher kann Schall auch schnell zu unangenehmen Lärm führen. Zum einen kann durch kurzzeitige oder dauerhafte Schallspitzen oder -pegel das Gehör geschädigt werden. Folgen können Schwerhörigkeit oder dauerhafte Ohrgeräusche (Tinnitus) sein.
Abgesehen von diesen auralen Wirkungen, kann Lärm aber auch den gesamten Organismus stören. Schon niedrige, nicht-gehörschädigende Schallpegel – wie Verkehrslärm – können körperliche Stressreaktionen auslösen. Dadurch wird nicht nur das Wohlbefinden und die Lebensqualität beeinträchtigt, sondern auch das autonome Nervensystem und das hormonelle System aktiviert. Dies kann weitreichende Folgen haben: Die vermehrte Ausschüttung von Stresshormonen kann Blutdruck, Herzfrequenz und andere Kreislauffaktoren beeinflussen und greift in die Stoffwechselvorgänge des Körpers ein. Das Risiko für Schlafstörungen, Bluthochdruck und sogar Herzinfarkte steigt. Lärm kann dem Menschen also irreparable Schäden zufügen, die nicht zu unterschätzen sind. An Lärm gewöhnen kann man sich übrigens nicht, da die Regulierung von Kreislauf und Stoffwechsel unbewusst über das autonome Nervensystem geschieht und Reaktionen auf Lärm deshalb auch im Schlaf auftreten können.
Laut Umweltbundesamt (UBA) und Weltgesundheitsorganisation sollten daher folgende Werte nicht überschritten werden:
- Zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken sollten 65 dB tags beziehungsweise 55 dB nachts nicht überschritten werden.
- Zur Vermeidung erheblicher Belästigungen sollten die Belastungen auf 55 dB tags beziehungsweise 45 dB nachts gesenkt werden.
- Langfristig sollten Werte von 50 dB tags beziehungsweise 40 dB nachts angestrebt werden.
Vorallem in Innenstädten und an vielbefahrenen Straßen werden die Empfehlungen des Umweltbundesamts schnell überschritten. Laut UBA fühlen sich rund 75% der in Deutschland lebenden Menschen durch Straßenverkehrslärm gestört oder belästigt. Konzentriertes Arbeiten in Büro- oder Wohngebäuden fällt unter diesen Bedingungen schwer. Nachfolgende Tabelle zeigt Anhaltswerte für Schallpegel verschiedener Lärmquellen. Eine Erhöhung des Schallpegels um 10 dB wird vom Menschen bereits als Verdopplung der Lautstärke wahrgenommen.
dB | Kennzeichnende Schallpegel von Lärmquellen |
0-6 | Hörschwelle |
20 | Uhrenticken |
40 | Leises Sprechen, ruhige Straße |
50 | Übliche Unterhaltung |
60 | Lautes Sprechen, Staubsauger |
70 | Laute Straße |
80 | Starker Verkehrslärm |
90 | Kreissäge, Motorrad |
120 | Motorflugzeug in 3 m Entfernung |
130 | Sirene in 2 m Entfernung |
Kennzeichnende Schallpegel von Lärmquellen in Anlehnung an das VFF-Merkblatt „Schallschutz mit Fenstern, Türen und Fassaden“.
Hertz, dezibel und co.
Schall sind Schwingungen und Wellen im Frequenzbereich zwischen 16 und 20.000 Hertz (Hz). Diese Schwingungen können sich sowohl in der Luft als auch in Festkörpern ausbreiten. Bei Frequenzen unter 16 Hz befindet man sich im Infraschall, bei Frequenzen über 20.000 Hz im Ultraschall-Spektrum – beides kann vom menschlichen Ohr nicht wahrgenommen werden.
Die Frequenz gibt dabei die Zahl der Schwingungen pro Sekunde an und wird in Hertz gemessen. Hohe Frequenzen (= viele Schwingungen) ergeben hohe Töne, niedrige Frequenzen (= wenige Schwingungen) erzeugen tiefe Töne. Im Bauwesen wird der Frequenzbereich von 100 Hz bis 3150 Hz, bzw. im Messbereich von 50 Hz - 5000 Hz berücksichtigt.
Die im Luftschall enthaltene Energie – der Schall(druck)pegel – wird in Dezibel (dB) gemessen. Unterschiedliche Tonhöhen eines Schalldrucks führen dazu, dass die Töne unterschiedlich laut wahrgenommen werden. Die Lautstärke ist dementsprechend das Ergebnis aus Schalldruckpegel und Frequenz.
Um sich vor Lärm zu schützen, ist aktiver und passiver Schallschutz möglich. Beim aktiven Lärmschutz werden Maßnahmen an der Lärmquelle selbst verringert, bei Fluglärm beispielsweise ein Nachtflugverbot. Der passive Lärmschutz umfasst wiederum alle Maßnahmen am Immissionsort, also dort, wo der Lärm ankommt. Ein klassisches Beispiel für passiven Lärmschutz sind Schallschutzfenster.
Die Lösung
Schallschutzverglasungen tragen dazu bei, eine Lärmbelästigung während des Aufenthaltes im Gebäudeinneren zu reduzieren. Um optimalen Schallschutz zu erzielen, ist dieser in der Gesamtplanung des Gebäudes mit einzubeziehen. Je nach Art und Quelle des Lärms erzielt man mit der richtigen Kombination von Glasaufbauten – durch unterschiedliche Bauweisen – eine deutliche Verbesserung des Schallschutzes im Vergleich zu herkömmlichen Isoliergläsern.
Unterschiedliche Anforderungen erfordern unterschiedliche Prinzipien im Glasaufbau. Folgende Faktoren können demnach den Schallschutz positiv beeinflussen:
- erhöhte Glasdicken (hohe Masse)
- asymmetrischer Aufbau (verschiedene Glasdicken)
- erhöhter Scheibenzwischenraum
- Schalldämm-Verbundglas mit Akustik-Folien
Mit dem richtigen Glasaufbau lassen sich Schalldämmwerte bis zu 54 dB erreichen. Wird draußen beispielsweise mit einer Motorsäge gearbeitet, empfindet man dieses Geräusch im Gebäudeinneren dementsprechend nur als leisen Straßenlärm.
Übrigens: Die Schallschutzklassen von Fenstern der VDI-Richtlinie 2719 wurden mit der Einführung der DIN 4109 ersetzt und bieten keinen normativen Ansatz mehr.
Prüfstandard und -verfahren
In Deutschland wird die Luftschalldämmung von Verglasungen aktuell nach der DIN EN ISO 10140-2 im Labor geprüft. Bei dem Prüfstand handelt es sich um zwei aneinandergrenzende Räume mit einer Trennwand, in welche die zu prüfende Verglasung eingebaut wird. In einem der Räume wird Schall in einem Frequenzbereich von 100 bis 5000 Hz erzeugt. Mit Hilfe der gemessenen Schalldruckpegel im Sende- und Empfangsraum werden die frequenzabhängigen Schalldämm-Maße bestimmt. Nach der Bestimmung des Schalldämm-Maßes R für festgelegte Frequenzen, wird dann das bewertete Schalldämm-Maß Rw nach DIN EN ISO 717-1 berechnet und in der Maßeinheit Dezibel (dB) angegeben.
Entsprechend der DIN ISO 717-1 wurden zudem die sogenannten Spektrums-Anpassungswerte C und Ctr eingeführt, um die unterschiedlichen Frequenz-Spektren von Wohn- und Verkehrsgeräuschen zu berücksichtigen – sie spiegeln das subjektive Empfinden des Nutzers wider. Mit ihnen wird das bewertete Schalldämm-Maß in einem Frequenzbereich von 100 - 5000 Hz angepasst. Diese Anpassungswerte ergeben sich aus der gemessenen Schalldämmung der Glasprodukte unter Berücksichtigung der maßgeblichen Lärmquelle.
Luftschalldämmwerte von Verglasungen beziehen sich gemäß DIN EN ISO 10140-2 immer auf ein Scheibenformat von 1,23 x 1,48 m. Rahmenkonstruktion und Anschlüsse werden dabei nicht berücksichtigt. Eine Orientierung möglicher Veränderungen von Rw in Abhängigkeit des Formates kann man aus der nachfolgenden Tabelle entnehmen. Diese gelten für das Gesamtelement Fenster.
Schematische Darstellung des Senderaums (links) und des Empfangsraums (rechts) von Schalldämmprüfungen im Labor. In der Trennwand befindet sich die zu prüfende Verglasung (grün dargestellt).
Geräuschquelle | Entsprechender Spektrum- Anpassungswert |
|
C (Spektrum Nr. 1) |
|
Ctr (Spektrum Nr. 2) |
Spektrum-Anpassungswerte C und Ctr in Anlehnung an das BF-Merkblatt „Schallschutzglas“.
Scheibenformat S | Korrektur-Summand Δ Rw |
0,6 m² < S ≤ 1,5 m² | -2 dB bis 0 dB |
1,5 m² < S ≤ 2,7 m² | 0 dB |
2,7 m² < S ≤ 3,6 m² | -1 dB |
3,6 m² < S ≤ 4,6 m² | -2 dB |
> 4,6 m² | -3 dB |
Korrekturwerte für den Rw-Wert von Fenstern aus dem BF-Merkblatt „Schallschutzglas“.
Erweiterte Austauschregeln
Um ein Schalldämmmaß für ein Glaserzeugnis zu bestimmen, ist es abgesehen von einer Prüfung im Labor auch zulässig, Austauschregeln nach DIN EN 12758 anzuwenden. Wenn man sich beim Glasaufbau an folgende Regeln hält, werden die Schalldämmwerte nicht negativ beeinflusst:
a) Regeln für Basisglaserzeugnisse
- Die schalldämmenden Eigenschaften sind unabhängig von der Glaszusammensetzung, der Glasfarbe (klares oder in der Masse eingefärbtes Glas) oder einer weiteren, u. a. thermischen Verarbeitung, z. B. zu ESG oder TVG.
- Ornamentglas verhält sich akustisch wie Glas mit der nächst geringeren Dicke von Floatglas. Beispiel: Ornamentglas mit einer Dicke von 6 mm wird akustisch beschrieben durch Werte für monolithisches Floatglas mit einer Dicke von 5 mm.
- Das Drahtnetz im Drahtglas hat keinen Einfluss auf die Schalldämmung.
b) Regeln für Oberflächenbehandlung und -beschichtungen
Sandstrahlen, Ätzen, Emaillieren und Beschichten haben keinen Einfluss auf den Schallschutz unter der Voraussetzung, dass die Glasdicke innerhalb der für das jeweilige Erzeugnis zulässigen Toleranz bleibt.
c) Regeln für Verbund-/Verbundsicherheitsglas
- Verbundglas kann akustisch durch die Werte für Einscheibensicherheitsglas mit gleicher bzw. nächst kleinerer Gesamtdicke (d. h. Summe der Dicken der Glaskomponenten) beschrieben werden.
- Die Werte für ein Verbundglas dürfen mit einer höheren Dicke der gleichen Zwischenschicht übernommen werden.
- Bei Verbundglas mit Einscheibensicherheitsgläsern unterschiedlicher Dicke gibt es keine bevorzugte Art der Einbaurichtung.
- Zur Austauschbarkeit von Verbundgläsern werden Regeln mittels einer für die jeweilige Folienart charakteristischen Messgröße nach ISO 16940 genannt.
d) Regeln für Mehrscheiben-Isolierglas
- Es wird kein Unterschied zwischen Luft- oder Argonfüllung gemacht. Ist im Prüfbericht die Gasart Krypton genannt, ist diese zu verwenden.
- Die Schalldämmung hängt unabhängig von den Glasarten des MIG (mit oder ohne Verbundglas) nicht von der Einbaurichtung des MIG ab.
- Ein die Glasscheiben nicht berührender Einbau im SZR (Jalousie, Sprossen usw.) hat eine zu vernachlässigende Wirkung auf die schalldämmenden Eigenschaften.
- Die verwendeten Dichtstoffe im Randverbund und der Abstandhalter dürfen ausgetauscht werden.
- Die Werte für ein mit Luft oder Argon gefülltes MIG können für ein mit Krypton oder einem Gemisch aus Krypton, Argon und Luft gefülltes MIG verwendet werden.
- Die Werte für MIG mit einem Abstandhalter ≥ 12 mm können für einen breiteren Abstandhalter übernommen werden.
- Die Werte für MIG mit einem Abstandhalter = 12 mm können für einen schmaleren Abstandhalter übernommen werden.
- Die Schalldämmung verschlechtert sich nicht, falls Einscheibenglas durch Verbundglas/Verbundsicherheitsglas mit mindestens gleicher Dicke ersetzt wird.
e) Regeln für Spiegel sowie lackiertes, emailliertes und foliertes Glas
Durch Beschichten mit Silber, Lack, Emaille oder einer dünnen Folie bleibt die Schalldämmung des Glassubstrats unbeeinflusst.
f) Austausch von PVB-Folien
Die DIN EN 12758, Anhang A verweist auf die ISO 16940, wo ein Verfahren zum Vergleich der akustischen Eigenschaften von Verbundglas-Zwischenschichten anhand der Steifigkeit und des Verlustfaktors der Zwischenschicht beschrieben wird. Nach Ansicht des Bundesverband Flachglas können diese entsprechenden Daten von den Folienherstellern mittels Werksbescheinigung bereitgestellt werden. Alternativ können vergleichende Schallprüfungen hierfür auch Ergebnisse liefern.
Erweiterte Austauschregeln aus dem BF-Merkblatt „Austauschregeln und standardisierte Schalldämmwerte nach DIN EN 12758:2019-1“
Standardisierte Schalldämmwerte
Neben den im Labor geprüften Glasaufbauten und der Anwendung erweiterbarer Austauschregeln, können als weitere Option auch standardisierte Schalldämmwerte herangezogen werden. Diese standardisierten, konservativ bemessenen Schalldämmwerte dürfen verwendet werden, wenn kein Prüfbericht vorliegt. Die nachfolgende Tabelle enthält eine Reihe diesr standardisierten Schallschutzaufbauten als Einfachglas, VSG sowie Zweifach- und Dreifachisolierglas mit Luft- oder Argonfüllung.
Glastyp und Dicke in mm | Schalldämmung in dB Rw / C / Ctr |
Einfachglas | |
3 | 28 / -1 / -4 |
4 | 29 / -2 / -3 |
5 | 30 / -1 / -2 |
6 | 31 / -2 / -3 |
8 | 32 / -2 / -3 |
10 | 33 / -2 / -3 |
12 | 34 / -1 / -2 |
15 | 36 / -1 / -2 |
19 | 38 / -2 / -4 |
Verbundglas/Verbundsicherheitsglas* | |
33.2 | 32 / -1 / -3 |
44.2 | 33 / -1 / -3 |
55.2 | 34 / -1 / -3 |
66.2 | 36 / -1 / -2 |
88.2** | 36 / -1 / -3 |
1010.2*** | 37 / -1 / -3 |
1212.2*** | 38 / -1 / -3 |
* VG ohne akustische Zwischenschicht
** 6 ≤ SZR ≤16
*** Werte aus der DIN EN 12758:2011
Glastyp und Dicke in mm | Schalldämmung in dB Rw / C / Ctr |
Zweifach-MIG | |
4 / SZR / 4 | 29 / -1 / -4 |
6 / SZR / 4 | 32 / -2 / -4 |
6 / SZR / 6 | 31 / -1 / -4 |
8 / SZR / 4 | 34 / -2 / -4 |
8 / SZR / 6 | 35 / -3 / -6 |
8 / SZR / 8 | 32 / -2 / -5 |
10 / SZR / 4 | 35 / -2 / -5 |
10 / SZR / 6 | 36 / -2 / -4 |
4 / SZR / 33.2 | 33 / -1 / -5 |
6 / SZR / 33.2 | 33 / -2 / -5 |
6 / SZR / 44.2 | 36 / -2 / -5 |
6 / SZR / 55.2 | 38 / -1 / -5 |
Dreifach-MIG | |
4 / SZR / 4 / SZR / 4 | 30 / -1 / -5 |
6 / SZR / 4 / SZR / 4 | 30 / -1 / -5 |
8 / SZR / 4 / SZR / 6 | 37 / -3 / -7 |
8 / SZR / 6 / SZR / 6 | 35 / -2 / -5 |
10 / SZR / 6 / SZR / 8 | 40 / -2 / -5 |
4 / SZR / 4 / SZR / 33.2 | 34 / -2 / -6 |
4 / SZR / 4 / SZR / 44.2 | 36 / -2 / -6 |
6 / SZR / 4 / SZR / 44.2 | 38 / -2 / -8 |
6 / SZR / 6 / SZR / 44.2 | 38 / -2 / -6 |
6 / SZR / 6 / SZR / 55.2 | 40 / -2 / -5 |
6 / SZR / 6 / SZR / 66.2 | 40 / -2 / -4 |
33.2 / SZR / 4 / SZR / 33.2 | 36 / -3 / -7 |
44.2 / SZR / 4 / SZR / 33.2 | 40 / -3 / -7 |
44.2 / SZR / 4 / SZR / 44.2 | 37 / -2 / -5 |
44.2 / SZR / 6 / SZR / 44.2 | 39 / -2 / -6 |
66.2 / SZR / 4 / SZR / 44.2 | 42 / -2 / -4 |
Standardisierte Schalldämmwerte in Anlehnung an das BF-Merkblatt „Austauschregeln und standardisierte Schalldämmwerte nach DIN EN 12758:2019-1“